Betreff
Antrag der CSU-Fraktion:
Vorhaben- und Erschließungsplan "Am Wilhelmsbühl"
Vorlage
2014/082
Aktenzeichen
61.1
Art
Sitzungsvorlage (Beschluss)
Untergeordnete Vorlage(n)

 

1.    Begründung der CSU-Fraktion zum Antrag vom 01.02.2014

Siehe Anlage 1.

 

2.    Stellungnahme der Verwaltung

 

2.1 Städtebauliche Rahmenbedingungen

Das Plangebiet des Investors liegt rund 1,8 km vom Stadtzentrum entfernt oberhalb des bestehenden Wohngebietes „Wilhelmsbühl“ (s. Anlage 2). Es handelt sich dabei um eine ca. 14.390 qm große Fläche in erhöhter Hanglage mit Südost-Ausrichtung.

Von der angestrebten Planung liegt nur eine Konzeptskizze des Privatinvestors vor (s. Anlage 2).

Dieser gesamte Bereich wird direkt von der Staatsstraße 2270 („Äußere Sulzfelder Straße“) verkehrlich erschlossen. Daran grenzt östlich direkt das derzeit größte Gewerbe- und Industriegebiet im Stadtgebiet an. Durch Lärm und Verkehr besteht daher bereits eine nicht unerhebliche Vorbelastung, die durch die Hanglage noch verstärkt auf das geplante Gebiet direkt einwirkt.

Bereits heute ist die städtebauliche Situation des Gebietes „Wilhelmsbühl“ als inhomogen und daher unbefriedigend zu bewerten. Das gesamte geplante Gebiet wird durch ein bestehendes Wohngebiet über eine einzige Zufahrt von der ST 2270 (Äußere Sulzfelder Straße) erschlossen. Dies bedeutet, dass sich der Ziel- und Quellverkehr sehr konzentriert durch einen begrenzten „Schlauch“ bewegt. Dies ist für die Anwohner mit entsprechenden Immissionen verbunden und gilt nach heutigen Maßstäben bereits als problematisch. So haben sich die direkt betroffenen Anwohner bereits mit der Stadtverwaltung in Verbindung gesetzt.

Auch die interne Erschließung der heutigen Hangflächen weist deutliche Schwierigkeiten hinsichtlich Befahrbarkeit für Kraftfahrzeuge auf. Mitunter sind die zumeist als Stichweg zur Erschließung der zweiten Baureihe in den Hang gebauten Wege so steil, dass eine Befahrung mit Großfahrzeugen (Müllfahrzeug, Räumdienst, Rettungsfahrzeuge) selbst bei günstigen Wetterverhältnissen kaum bis gar nicht möglich ist. Den Erfordernissen an eine ausreichende Erschließung wird damit kaum Rechnung getragen (s. Fotos in Anlage 5).

 

2.2 Planungsrechtliche Einstufung

Für die geplante Entwicklungsfläche existiert kein Bebauungsplan, sie kann auch nicht als unbeplanter Innenbereich gem. § 34 BauGB eingestuft werden. Sie liegt demnach im Außenbereich gem. § 35 BauGB und ist im aktuellen Flächennutzungsplan der Stadt Kitzingen folgendermaßen dargestellt: „Flächen für Landwirtschaft in Hanglagen des Mains und seiner Nebentäler. Von Bebauung freizuhalten. Erstaufforstung nicht zulässig“ (s. Anlage 4).

Mit der Gesamtfortschreibung des Flächennutzungsplans der Stadt Kitzingen im Jahr 2005 hat sich die Stadt verbindlich auf die Neuausweisung u.a. von Wohnbauflächen festgelegt; in der Summe (Gesamtstadt + Stadtteile) waren dies ca. 68 ha. Etwas mehr als die Hälfte dieser Flächen wurden jedoch von der zuständigen Planungsbehörde, der Regierung von Unterfranken, nicht genehmigt, sodass nach wie vor noch etwa 30 ha als künftiges Bauland allein für Wohngebiete zur Verfügung stehen[1]. Die Konversionsflächen sowie Gewerbebauflächen sind dabei noch nicht mit eingerechnet.

Eine der größten zusammenhängenden Wohnbauflächen mit ca. 19 ha ist südlich des Steigwegs bereits genehmigt und kann als Erweiterung des Gebietes „Hammerstielweg“ vorrangig entwickelt werden.

Bei Realisierung der vom Investor geplanten Erweiterung „Am Wilhelmsbühl“ im Außenbereich müsste die Stadt an anderer Stelle eine entsprechende Fläche zurücknehmen. Mit dem geplanten Vorhaben besteht nicht nur die Gefahr einer weiteren Zersiedlung, sondern es werden auch zusätzliche Verkehrsströme erzeugt.

Die Gemeinden sind bei ihrer Flächenentwicklung grundsätzlich an die Vorgaben des Flächennutzungsplanes gebunden (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Änderungen bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde (§ 6 Abs. 1 BauGB). Jede Form eines Bebauungsplans muss sich inhaltlich aus dem Flächennutzungsplan entwickeln (ausgenommen Bebauungspläne der Innenentwicklung nach § 13a BauGB). Hier besteht jedoch im Falle eines sogenannten Parallelverfahrens (Änderung des Flächennutzungsplans mit gleichzeitiger Aufstellung/Änderung eines Bebauungsplans) das Risiko, dass die Planungen auf Grund einer nicht erteilten Genehmigung des Flächennutzungsplans scheitern.

Aus Sicht der Verwaltung erscheint dieses Risiko speziell vor dem Hintergrund von derzeit bereits ca. 30 ha verfügbaren Entwicklungsflächen für Wohnen als sehr hoch.

Des Weiteren besteht die allgemeine Verpflichtung zum schonenden Umgang mit Grund und Boden. Dies spiegelt sich vor allem in der Vorgabe „Innen- vor Außenentwicklung“ des § 1 Abs. 5 Satz 3 BauGB wieder, auf die der Gesetzgeber regelmäßig hinweist.

Schließlich hat der Stadtrat den Grundsatzbeschluss gefasst, keine neuen Baugebiete mehr auf Flächen auszuweisen, die sich nicht im städtischen Eigentum befinden.

Im vorliegenden Fall sind sämtliche Flächen in Privatbesitz, der Investor möchte diese erst noch erwerben. An der Grenze des heutigen Wohngebietes zum Außenbereich befinden sich die Flst. Nrn. 1735/1 und 1735/2 in städtischem Eigentum. Das Flurstück Nr. 1735/2 ist extra als Versickerungs- und Dränageflächen gegen Hangwasser zum Schutz der unterhalb liegenden Bauplätze angelegt worden (s. Anlage 3).

 

2.3 Zur Begründung des CSU-Antrags

Zu I.

Wie oben bereits dargestellt, hat sich die Stadt im Zuge der Flächennutzungsplan-Fortschreibung 2005 dazu entschlossen, frühere Konzepte (u.a. 1994) für den Bereich nicht weiter zu verfolgen und daher auch diese Fläche nicht mehr als Entwicklungsfläche vorgesehen.

Im Fall der genannten Bauvoranfrage auf Flst. Nr. 1710 handelt es sich um einen einzelnen „Lückenschluss“ zwischen zwei genehmigten Wohngebäuden, der dort als planungsrechtlich zulässig eingestuft wurde. Für die umliegenden Flächen kann dies nicht angenommen werden. Für den Nachweis der ausreichenden Erschließung ist der Eigentümer verantwortlich.

 

Zu II.

Die angesprochenen Wohngebiete „Wilhelmsbühl“ und „Stangenbrunnenweg“ befinden sich unterhalb der geplanten Erweiterung und sind – bis auf den Nordwest-Rand – relativ eben. Die geplante Erweiterungsfläche erstreckt sich dagegen oberhalb auf einer bereits stark geneigten Hangfläche mit Blick zunächst auf die Bauten des Gewerbe- und Industriegebiets am Main (Silos der Fa. LZR, Fa. Loxxess usw. – s. Anlage …).

Die aktuelle Nachfrage an Wohnbauplätzen kann derzeit ausreichend auf den bereits genehmigten Flächen – vor allem kostengünstiger – realisiert werden.

 

Zu III.

Die Fachbehörden äußern sich erst im Rahmen offizieller Planungen, wie etwa einem Bauleitplanverfahren, verbindlich. Von daher können zahlreiche Punkte heute noch gar nicht abschließend beurteilt werden und somit Rückschlüsse auf eine erfolgreiche Entwicklung zulassen.

Zur geplanten Erschließung für das Erweiterungsgebiet sei aus Verwaltungssicht angemerkt, dass hier ein Ansatz vom Investor gewählt wurde der folgende Nachteile mit sich bringt:

a)    Wie aus den Fotos in Anlage 5 ersichtlich ist, würde die Erschließungsstraße besonders im Bereich der Flurstücke 1734/1, 1734/2 sowie 1735/3 und 1735/6 sehr steil ansteigen, was nicht nur bei entsprechend ungünstigen Wetterlagen zur Winterzeit problematisch wird, sondern auch die Fahrzeuge der Müllentsorgung bzw. Rettungsdienste vor erschwerte Bedingungen stellen wird. Eine ausreichende Erschließung kann damit nicht sichergestellt werden. Im Übrigen ergibt sich aus dieser Topografie auch ein hoher Aufwand für die Bauherren, die zu unbefriedigenden Lösungen der Grundstückserschließungen führen wird.

b)    Die geplante Erschließungsstraße „teilt“ die noch verfügbaren Bauplätze 1734/1, 1734/2 sowie 1735/3 und 1735/6 im unteren Hangbereich so, dass hier jeweils unmittelbar beiderseits eine Fahrbahn verlaufen würde. Dies ist unter wirtschaftlichen und planerischen Gesichtspunkten abzulehnen.

c)    Das Sachgebiet 63/ Tiefbau hat die Kosten der Straßenerschließung überschlägig geprüft. Bei einer geplanten Länge von ca. 245 m sind hier (incl. aktueller Preissteigerungen und Berücksichtigung der topografischen Besonderheiten) 130 Euro/m² anzusetzen. Dies wäre eine Summe von 175.000 Euro (gerundet), ohne Grunderwerb.

d)    Im Antrag sind keine Angaben darüber enthalten, ob die Straße nach ihrer Herstellung als Privatstraße verbleibt oder mit allen Folgelasten (Unterhalt etc.) in städtisches Eigentum übergehen soll.

e)    Analog zu vergleichbaren Projekten muss dem Investor diesbezüglich klar sein, dass von ihm in entsprechender Höhe eine Bankbürgschaft zu leisten sein wird, um die Stadt Kitzingen vor möglichen Folgen zu bewahren, wenn die (finanzielle) Leistungsfähigkeit des Investors spätestens zum Zeitpunkt der Planreife (gem. § 33 BauGB) bzw. Rechtskraft des Bebauungsplans nicht mehr gegeben sein sollte und die Stadt dadurch automatisch in die Pflicht zur Herstellung der Erschließungsanlagen gerät.

f)     Das Sachgebiet 63/ Tiefbau hat auch die Möglichkeiten der Entwässerung des Plangebietes vorab geprüft. Die Aufnahme des anfallenden häuslichen Schmutzwassers in die vorhandene Kanalisation ist möglich. Da auf Grund der geplanten Wohnbebauung in dem Gebiet eine weitere Versiegelung entsteht, ist mit größeren abzuleitenden Niederschlagswassermengen zu rechnen als in der hydrodynamischen Kanalnetz- und Schmutzfrachtberechnung der Stadt Kitzingen (2010) berücksichtigt ist. Hierzu wären im Bauleitplanverfahren konkrete Maßnahmen zu treffen (verzögerte Einspeisung, Vorhaltung Zisternen, wasserdurchlässige Beläge etc.). Die Kosten der Herstellung des Kanalnetzes für das Plangebiet werden überschlägig auf ca. 400 Euro/m Kanal geschätzt. Dies ergäbe eine Summe von 96.000 Euro (240 m x 400€/m). Genauere Angaben sind derzeit nicht möglich, da keine weiteren Planungsdetails bekannt sind (Baugrundverhältnisse, Tiefenlage, Material, Verlegung in Stufengraben mit anderen Spartenträgern etc.)

 

3.    Fazit und Empfehlung der Verwaltung

Aus Sicht der Verwaltung ist das Vorhaben insbesondere aus den zuvor dargestellten Gründen abzulehnen.

Neben dem Grundsatzbeschluss, keine neuen Baugebiete auf Privatflächen auszuweisen, und den unwirtschaftlich hohen Planungs- bzw. Erschließungskosten, die hier durch die topografischen Gegebenheiten zwangsläufig zu erwarten sind, ist vor allem die Genehmigung der erforderlichen Flächennutzungsplanänderung nicht gesichert.

Darüber hinaus äußerten bereits auch Anlieger bei Nachfragen im Stadtbauamt ihre Bedenken gegen das neue Wohngebiet, da die geplante Erschließung z.T. an ihren Grundstücken direkt vorbeiführt und durch „doppelte Erschließung zu beiden Seiten“ erheblich abwertet. Die neu entstehenden Verkehrsimmissionen wollen sie nicht hinnehmen.



[1] Zum Vergleich: das „Altstadt-Dreieck“ hat eine Größe von ca. 33 ha (= 330.000 qm)

1.    Vom Sachvortrag wird Kenntnis genommen.

2.    Gemäß Antrag der CSU-Fraktion vom 01. Februar 2014 beschließt der Stadtrat:

2.1      Im Rahmen eines vom Investor Udo Jakubczyk zu entwickelnden Vorhaben- und Erschließungsplans soll ein städtebaulicher Vertrag mit der Stadt Kitzingen geschlossen werden. Das bestehende Wohnbau-Gebiet „Am Wilhelmsbühl“ (B-Pläne Nrn. 48 und 71) soll nach Westen hin auf die Flur-Nrn. 1735, 1718, 1715, 1714, 1712, 1712/1 und 1710 erweitert werden.

2.2      Die Stadt Kitzingen erklärt sich grundsätzlich bereit, für den derzeitigen Außenbereich (die in Ziff. 2.1 genannten Grundstücke) Planungsrecht zu schaffen und hierbei den Flächennutzungsplan entsprechend zu ändern.

2.3      Der Projektträger hat sich zu verpflichten, vorbehaltlich der positiven Verbescheidung der Ziff. 2.2, einen städtebaulichen Vertrag mit der Stadt Kitzingen zu schließen, der die erforderliche Änderung des Flächennutzungsplanes und die Änderung des Bebauungsplanes Nr. 48 sowie 71 enthält. Die Planung, die der Vorhabenträger zu erbringen hat, hatte dieser vorbereiten zu lassen. Sie soll umfassen:

-           Planzeichnung mit zeichnerischen und textlichen Festsetzungen

-           Begründung

-           Umweltbericht

-           Fertigung der im Rahmen der Bauleitplanung zu erstellenden Gutachten

-           Durchführung der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange

-           Zuarbeit von Planungsinhalten an die Stadt in Vorbereitung zur Erstellung von Sitzungsvorlagen für den Stadtrat

-           Zurverfügungstellung eventueller Ausgleichsflächen

2.4      Zur Sicherung aller aus dem künftig zu schließenden städtebaulichen Vertrag ist hinsichtlich der Erschließungsanlagen eine entsprechende Sicherheitsleistung (Bürgschaft) vorzulegen.