hier: Aberkennung des Ehrenbürgerrechts sowie Widerruf (Aufhebung) des Stadtratsbeschlusses vom 02.04.1970
Sachvortrag:
I. Vorbemerkung
Auf die Vorlage Nr.207/2021 wird verwiesen.
Im Zuge dieser Diskussion war bereits thematisiert worden, auch die weiteren Eh- rungsbezeugungen der Stadt Kitzingen für ihr früheres Stadtoberhaupt auf den Prüfstand zu stellen.
I. 1 Ehrenbürgerwürde
Der Stadtrat hat am 24.03.1961 in nicht öffentlicher Sitzung einstimmig beschlossen, dem vormaligen Oberbürgermeister Siegfried Wilke das Ehrenbürgerrecht zu verleihen. Bei der Recherche der im Stadtarchiv befindlichen Akten aus 1961 zur Erstellung dieser Vorlage kam Überraschendes zu Tage – was war geschehen?
- Am 17.03.1961 hatte der Stadtrat zunächst beschlossen, erstmals eine Stadtplakette in Gold an Oberbürgermeister a.D. Siegfried Wilke zu verleihen.
- In der darauffolgenden nicht öffentlichen Stadtrat-Sitzung am 24.03.1961 stellte ein
Stadtrat den Dringlichkeitsantrag, den Beschluss zur Verleihung der Stadtplakette
aufzuheben und stattdessen das Ehrenbürgerrecht zu verleihen.
Diesem Antrag wurde mit 13:7 Stimmen stattgegeben.
- Nachdem Oberbürgermeister Dr. Klemmert (CSU) die Sitzung zur Beratung der Fraktionen.und anschließende Beratung mit dem Ältestenausschuss unterbrochen
hatte, trat der Stadtrat zur Fortsetzung der Sitzung zusammen.
- Bürgermeister Arm gab für die SPD-Stadtratsfraktion die Erklärung ab, dass seine
Fraktion den Sitzungssaal verlässt und an der Abstimmung nicht teilnehmen wird.
- Oberbürgermeister Dr. Klemmert erklärt für seine Person, „dass es aus Gründen, die er
wohl nicht näher darlegen brauche, an der Abstimmung nicht teilnehmen werde.“
- Daraufhin wurde einstimmig (ohne die Stimmen der SPD und des CSU-
Oberbürgermeisters) der Beschluss zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde für Ober bürgermeister Wilke a.D. gefasst.
- Oberbürgermeister Dr. Klemmert kündigte an, dass die Verleihung am 24.04.1961
(70. Geburtstag von Siegfried Wilke) in einer Sondersitzung stattfinden solle, zu der auch der Regierungspräsident eingeladen werde.
Auf die als Anlagen beigefügte Protokolle der Sitzungen wird verwiesen.
Die Stadt KT hat in ihrer Geschichte bereits zwei Mal das Ehrenbürgerrecht aberkannt, jeweils im Mai 1945: - Adolf Hitler (posthum)
- Dr. Otto Hellmuth (Gauleiter Mainfranken; zu Lebzeiten)
I. 2. Ehrengrab
- Der Stadtrat hat am 02.04.1970 die als Anlage beigefügten Beschlüsse gefasst.
Seit dieser Zeit stellt die Stadt ein Ehrengrab mit Grabstein bereit und pflegt es.
- Gem. § 24 (2) der Friedhofs- und Bestattungssatzung stellt die Stadt KT „für besonders verdiente Bürger bis auf Widerruf kostenlose Grabstätten bereit und regelt die Rechte an diesen Grabstätten sowie die Grabunterhaltung im Einzelfall.“
- Der einstimmig gefasste Beschluss gilt auch heute noch, das Ehrengrab wird von der Stadt unterhalten und gepflegt.
- Im Jahr 1996 wurde die Tochter von Siegfried Wilke in diesem Grab als Grabbestattung beigesetzt – seitdem läuft eine 30-jährige Reihenfrist (bis 2026).
Das Grabrecht liegt nach Recherche des Standesamtes bei einem in NRW wohnenden Angehörigen. Folgende Möglichkeiten bestehen:
a) Das Grabrecht geht ab dem Widerruf der Bereitstellung auf den Angehörigen oder einen weiteren Angehörigen über. Hierzu ist eine entsprechende Umschreibungser
klärung erforderlich. Bis zum Ablauf der Nutzungszeit (07.03.2026) liegt die
Grabpflege und Unterhalt beim neuen Grabberechtigten.
Danach kann das Grabrecht verlängert oder freigegeben werden. Der bestehende Grabstein (Eigentum der Stadt) wird nach einem Widerruf auf Kosten der Stadt entfernt. Der neue Grabberechtigte hat sich um eine entsprechende neue
namentliche Kennzeichnung des Grabes zu sorgen.
b) Falls der/die nächsten Angehörigen der Familie ab dem Widerruf kein Interesse an dem Grabrecht zeigen, werden auf dem Grabstein die Worte „und Ehrenbürger“ entfernt. Die Buchstaben sind aufgeschraubt. Die Bepflanzung des Grabes wird
entfernt und die Fläche mit Grassamen ansgesät. Nach dem Ablauf der Ruhezeit wird
das Grabrecht von Seiten der Stadt KT freigegeben und auf eigene Kosten abge- räumt.
Die Verwaltung schlägt vor, im Falle des Widerrufs des Stadtrat-Beschlusses vom 02.04.1970 die Buchstaben „und Ehrenbürger“ abzumontieren und das Grab ggf. bis 2026 schlicht zu pflegen.
II. Zusammenfassendes Fazit
Angesichts der neuesten Erkenntnisse über das Wirken von S. Wilke und der daraus folgenden Beschlussfassung zur Aufhebung des Straßennamens „Siegfried-Wilke-Straße“ kann es aus Sicht der Verwaltung keinerlei Ehrung der Stadt für ihr früheres Stadtoberhaupt mehr geben. Erinnerung ja, Ehrung nein, wie es die Stadtarchivarin Doris Badel M.A. ausgedrückt hat.
Es wird vorgeschlagen die umstehenden Beschlüsse zu fassen.
1. Vom Sachvortrag 2021/220 wird Kenntnis genommen.
2. Es besteht Einverständnis, den Stadtratsbeschluss vom 24.03.1961 aufzuheben und dem früheren Oberbürgermeister Siegfried Wilke das Ehrenbürgerrecht posthum abzuerkennen.
3. Es besteht Einverständnis, den Stadtratsbeschluss vom 02.04.1970 zur Bereitstellung eines Ehrengrabes für Siegfried Wilke aufzuheben.