Betreff
Antrag der ÖDP-Stadtratsgruppe vom 06.11.2019
Live-Übertragung der Stadtratssitzungen
Vorlage
2020/022
Art
Sitzungsvorlage (Beschluss)

Auf den beiliegenden Antrag der ÖDP vom 06.11.2019 wird verwiesen (Anlage 1).

Die Verwaltung ging seinerzeit auf den Antragssteller zu, ob es nicht sinnvoller sei, den Antrag vom neuen Gremium nach Mai 2020 behandeln zu lassen, nachdem dieses im Wesentlichen von der Frage betroffen ist. Dies wurde mit dem Hinweis abgelehnt, dass der Wechsel im Gremium „in der Vergangenheit“ nicht wesentlich ins Gewicht gefallen sei,  weshalb eine Entscheidung auch vom „alten“ Gremium getroffen werden könne.

 

Vor der Wahl 2014 wurde der inhaltliche gleiche Antrag ebenfalls von der ÖDP gestellt und am 12.12.2013 behandelt. Die Sitzungsvorlage (ohne Anlagen) samt Auszug in Anlage 2.

Mit einer knappen Mehrheit (13 : 17 Stimmen) wurde der Antrag seinerzeit abgelehnt.

 

Bei der Beurteilung des nun vorliegenden Antrages hat die Verwaltung die Meinung des Datenschutzbeauftragten abgefragt sowie sich nach der Handhabe bzw. den Erfahrungen in zwei bayerischen Kommunen erkundigt.

 

Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten

 

Diese liegt als Anlage 3 der Sitzungsvorlage bei. Erwartungsgemäß wird der Livestream und besonders die Archivierung kritisch gesehen. Der erhebliche Aufwand für eine datenschutzkonforme Vorgehensweise wird dargestellt.

 

Erfahrungen anderer Kommunen:

 

Trotz der Bedenken der Datenschutzbeauftragten gibt es gleichwohl Kommunen in Bayern, die den Livestream erfolgreich anbieten.

 

So die Stadt Pfaffenhofen an der Ilm (ca. 26.000 Einwohner: Stand: 31.12.2018).

Der Eindruck auf der Internetseite sowie Gespräche mit den zuständigen Mitarbeitern brachten folgende Eindrücke:

 

-       Die Darstellung auf der Internetseite ist sehr professionell und benutzerfreundlich. So werden im Archiv alle Tagesordnungspunkte (von der Begrüßung bis hin zu den Anfragen) alle einzeln dargestellt, die jeweils auch einzeln aufgerufen werden können. Die Bild und Tondarstellungen sind sehr gut.

 

-       Pfaffenhofen bedient sich komplett eines externen Dienstleiters für das Bereitstellen der Technik, das Filmen, das Schneiden sowie das Hochladen ins Internet. Hierbei handelt es sich um eine professionelle Firma für Filmbearbeitung, die bereits kleinere Produktionen durchgeführt haben. Die Firma verwendet insgesamt 4 Kameras, die speziell für diesen Zweck programmiert wurden und halbautomatisch funktionieren. Die Firma wollte keinen „Kameramann“ im Raum stehen haben, der einen Rednerwechsel vornimmt, da dies nur für Unruhe sorgen würde. Eine Kamera ist auf den Bürgermeister/Verwaltung gerichtet, zwei weitere stehen in der Mitte und steuern den jeweiligen Redner an. Die vierte zeigt den gesamten Saal, ohne dabei Details von den Stadträten zu erkennen. In der Aufnahme ist nur der jeweilige Redner zu sehen. Der Name und die Fraktion werden eingeblendet.

 

 

 

 

 

-       Diese Technik (jeweils nur der Redner zu sehen, drei Kameras, die ferngesteuert bedient werden können) funktioniert in Pfaffenhofen auch deshalb, weil es nur eine Sitzreihe gibt.

 

-       Bürgerinnen und Bürger sind vereinzelt zu sehen. Die Stadt hat am Eingang pauschal auf das Filmen hingewiesen. Im Saal sind Plätze festgelegt, die nicht von den Kameras erfasst werden und von den Bürgern genutzt werden können, die nicht gesehen/gefilmt werden wollen.

 

-       Eine Mitarbeiterin der Firma (Filmredakteur) sitzt mit in der Sitzung und nimmt dort Live die Regie vor. Er sie wechselt zwischen den Rednern und blendet eine von der Verwaltung vorbereitete Präsentation (mit Lagepläne oder Beschlusstexten) immer wieder ein.

 

-       Aufgrund der dauernden Regieführung während der Sitzung ist nach der Sitzung lediglich der Schnitt bei den einzelnen Sitzungspunkten durchzuführen.

 

-       Der Livestream wird auf der Internetseite der Stadt, der Facebookseite der Stadt (mit paralleler Kommentarmöglichkeit), auf der Seite der örtlichen Presse sowie auf der „emotionalen Seite“ Pfaffenhofens (vergl. Kitzingen kanns.de) übertragen.

 

-       Im Archiv stehen die Sitzungen 2 Monate zur Verfügung.

 

-       Alle Stadträte sowie Mitarbeiter der Verwaltung haben dem zugestimmt. Sollte wider Erwarten ein Widerspruch (auch unmittelbar vor dem Rednerbeitrag) kommen, so wird „nur“ das Bild wegschalten. Der Ton ist nach wie vor zu hören. Die Entscheider begründen dieses Vorgehen damit, da sonst die Öffentlichkeit den Zusammenhang „z. B. einer plötzlich aufkommenden Diskussion“ nicht verstehen würde.

 

-       Die Filmaufnahme greift den Ton von der städtischen Anlage ab. Es ist nur der zu hören, der gerade spricht (und das Mikrofon an ist).

 

-       Die Verantwortlichen der Stadt sind mit dem Livestream sehr zufrieden und nutzen es als aktives Medium der Öffentlichkeitsarbeit. Ca. 700 Personen nutzen den Stream (gleich auf welchem Kanal) sowie die Mediathek. Dabei wird nicht unterschieden, wie lange jemand auf den Kanälen ist. Eine Aussage zum Kostenaufwand wollten die Stadt sowie auch der Anbieter nicht machen. Die Firma hat sich aber angeboten, ein unverbindliches Angebot für die Stadt Kitzingen zu erstellen.

 

-       Der Stadt ist die Professionalität und Qualität sehr wichtig, weshalb man sich für den externen Anbieter entschieden hat und die Gefahr besteht, dass bei schlechter Qualität die Nutzung nicht in diesem Maße passieren würde. Es wurde empfohlen ggf. in einem Testbetrieb (ohne externe Übertragung) dem Gremium die Wirkung sowie die Präsenz zu demonstrieren, was für eine Entscheidungsfindung hilfereich sein könnte.

 

-       Die Übertragung erfolgt seit 2012 – anfangs gab es einzelne Stadträte, die der Aufnahme widersprochen haben und die nach der ersten Sitzung in der Presse und der Öffentlichkeit offenbar stark kritisiert wurden. Diese haben nach der ersten Sitzung dann auch ihre Zustimmung gegeben.

 

 

 

 

 

-       Die Stadt überträgt ausschließlich die Stadtratssitzungen sowie eine stattfindende allgemeine Bürgerversammlung (Bürgerversammlung war 2018 und 2019 abrufbar). Nachdem der Ort für die Stadtratssitzung sowie der Bürgerversammlung identisch ist, ist der Aufwand hierbei überschaubar. Die Bürgerversammlungen in den Ortsteilen (max. weitere vier) werden nicht übertragen.

 

-       Vor den Stadtratssitzungen finden oft Sitzungen des Bauausschusses statt, wo die Firma bereits anwesend ist und die Technik einstellt. Sollte die Stadtratssitzung später beginnen, so wird ein Hinweisbild mit der Verzögerung eingeblendet.

 

-       Als Anlage 5 verschiedene Ansichten, wie der Nutzer die Sequenzen sieht.

 

 

Burglengenfeld, ca. 13.500 Einwohner (Stand: 31.12.2018).

 

In der Vorbereitungsphase der Sitzungsvorlage hat in Burglengenfeld leider keine Sitzung stattgefunden, die einen Vergleich wie in Pfaffenhofen erlaubte. Die Stadt speichert die Sitzungen lediglich eine Woche. Die nächste Stadtratssitzung findet am 12.02.2020 statt.

Ein Telefonat mit dem Verantwortlichen Mitarbeiter brachte folgende Eindrücke:

 

-       Auch Burglengenfeld hat den Livestream seit 2014 im Angebot und die Verantwortlichen sowie das Gremium sind grundsätzlich sehr begeistert davon.

 

-       Keiner der Stadträte hat dem widersprochen. Aus der Verwaltung lediglich ein Mitarbeiter.

 

-       In Burglengenfeld wird das Streaming sowie die Archivierung ebenfalls von einem externen Partner, ebenfalls einer professionellen Filmproduktionsfirma, umgesetzt.

 

-       Dabei sind zwei Mitarbeiter der Firma bei jeder Stadtratssitzung vor Ort und betreuen die Technik.

 

-       Im Sitzungssaal sind lediglich zwei Kameras installiert, zwischen der die Regie wechselt. Bei den Redenbeiträgen sind somit auch alle weiteren Stadträte zu sehen, die im Umfeld des jeweiligen Redners sitzen. Der Mitarbeiter, der widersprochen hat, ist nicht zu sehen. Der Ton ist gleichwohl zu hören. Die Bürgerinnen und Bürger sind pauschal weggepixelt.

 

-       Für die Umsetzung hat der verantwortliche Mitarbeiter einen jährlichen Aufwand von ca. 13.000,00 € (bei 12 Stadtratssitzungen) genannt.  

 

-       Auch hier wird die bestehende Mikroanlage für den Live-Ton verwendet. Es ist nur der jeweilige Redner zu hören.

 

-       In Burglengenfeld wird ebenfalls nur der Stadtrat übertragen.

 

-       Eine Aufbereitung für das Archiv durch die Fachfirma erfolgt nicht. Der Stream wird 1 : 1 im Archiv bereitgestellt.

 

-       Im Schnitt nutzen 250 bis 300 User den Stream bzw. das Archiv.

 

-       Der Livestream wird technisch mit einer kurzen Verzögerung von 15 sec. ins Internet gestellt.

 

Fazit seitens der Verwaltung

 

Grundsätzlich ist ein Livestream einer Stadtratssitzung im Jahr 2020 ein Thema, vor dem sich eine Kommune nicht komplett verschließen sollte. Es gibt jedoch eine Vielzahl von Fragen, die sich das Gremium bzw. die Verwaltung vorher stellen sollte, die je nach Beantwortung entsprechende Konsequenzen – auch finanziell – hat.

 

Es ist anzumerken, dass die Grundvoraussetzung für eine professionelle Tonübertragung, eine Mikroanlage im Neuen Sitzungssaal, nicht vorhanden ist. Ein Angebot unmittelbar nach der Sanierung im Jahr 2008 belief sich auf ca. 25.000,00 € für ein funkgesteuertes System.

Somit erscheint der im Antrag benannte Kostenansatz als unrealistisch.

Die Verwaltung gibt ebenfalls zu Bedenken, dass ein Livestream mit eigenem Personal nicht umzusetzen ist, nachdem hierfür das Know-how fehlt.

Die Erfahrungen der zwei Kommunen zeigen, dass ein externer Partner hierfür sinnvoll ist und Art und Umfang der Nutzung eng mit einer qualitativen Umsetzung (Bild, Ton, Technik, Angebot) verbunden ist. Tenor: „Lieber gescheit oder man lässt lieber die Finger davon“.

 

Abschließend der wichtigste Punkt: Ein Streaming macht aus Sicht der Verwaltung nur dann Sinn, wenn nahezu alle Stadträte dem Streaming und der Aufnahme zugestimmt haben. Ein dauernder „schwarzer Bildschirm“ wird eher zu Frust bei den Bürgern und Usern führen, als dass sich die Stadt und das Gremium positiv präsentieren können.

 

Den vorliegenden Beschluss in der Pauschalität (alle Sitzungen, auch BV´s, Kosten in Höhe von x €) zu fassen ist aus Sicht der Verwaltung nicht richtig.

Denkbar wäre ein Prüfauftrag an die Verwaltung, welcher Aufwand bei welcher Fragestellung auf die Verwaltung sowie die Stadt zukommen würde, so dass das neu gewählt Gremium letztlich über die Einführung entscheiden kann.

Zumal dieses Format der Liveübertragung bzw. Speicherung ohnehin in der Geschäftsordnung aufgenommen werden muss, die vom neuen Stadtrat zu beschließen ist.

des Antragsstellers

 

 

1.    Die öffentlichen Sitzungen des Stadtrats und seiner Ausschüsse, die in den Räumlichkeiten des Rathauses stattfinden, werden per Livestream im Internet übertragen.

 

2.    Die jährlichen Bürgerversammlungen werden per Livestream im Internet übertragen.

 

3.    Bild- und Tonaufnahmen erfolgen nur von der jeweiligen Rednerin/ dem jeweiligen Redner. Jedes Ratsmitglied hat das Recht, insgesamt oder vor einzelnen Redebeiträgen ausgeblendet zu werden.

 

4.    Die Übertragungen werden zudem aufgezeichnet und in einer Online-Mediathek auf der Homepage der Stadt Kitzingen für 2 Monate zur späteren Einsicht für die Öffentlichkeit archiviert.

 

5.    Hinweise auf die Übertragungen werden auf der Homepage der Stadt Kitzingen und im Stadtmagazin "Falter" regelmäßig veröffentlicht.

 

6.    Die notwendigen Haushaltsmittel von ca. 17.500,- € für die Erstinstallation und ca. 1.750,- €/a für die laufenden technischen Kosten werden unverzüglich bereitgestellt.