Ausgangssituation

Mit Schreiben vom 08.10.2012 (s. Anlage 1) hat der Eigentümer eines Grundstückes an der St 2272 die Umsetzung einer Power-to-Gas-Anlage beantragt (Plan s. Anlage 3, Standort). In der Stadtratssitzung am 19.02.2013 hat der Antragsteller/Eigentümer gemeinsam mit einem potentiellen Entwickler dieser Anlage das Projekt vorgestellt. Der Stadtrat hat beschlossen, die entsprechenden Fachbehörden und Projektbeteiligten um Stellungnahme zu bitten und dem Stadtrat die Ergebnisse mit einem Behandlungsvorschlag vorzustellen.

 

Planungsrechtliche Situation

Der Flächennutzungsplan stellt in diesem Bereich (Standort) folgendes dar (s. Anlage 3):

 

-        als Fläche für die Landwirtschaft in Tallagen und Bachauen von Bebauung freizuhalten Erstaufforstung ist nicht zulässig, möglich ist eine abschnittsweise Bestockung mit Auwaldgehölzen im Überschwemmungsbereich,

-        Gebietskulisse als übergeordneter Rahmen für Flächen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft,

-        Schaffung von durchgängigen Verbundachsen für Biotope feuchter Standorte in Tallagen und Bachauen, dargestellt.

 

Im Erläuterungsbericht des Flächennutzungsplanes ist hierzu aufgeführt, dass für einen langfristigen Erhalt der Wert gebenden Tier- und Pflanzenpopulation die Vernetzung vorhandener hochwertiger Teilräume erforderlich ist. Das Arten und Biotopschutzprogramm (ABSP) des Landkreises Kitzingen enthält Zielvorgaben sowohl zu Feuchtgebieten und Gewässern als auch für Trockenstandorte sowie für Gehölz- und Waldgebiete, die gemeinsam mit den Hinweisen zu besonderen Artvorkommen die Grundlage darstellen für die Leitbildentwicklung des Landschaftsplanes Kitzingen. Die Verbundachse entlang des Bimbachs ist dabei als lokaler Schwerpunkt definiert.

 

Desweiteren wurden Ziele für Grün und Freiflächen sowie für die landschaftsbezogene Erholung definiert. Hierbei wurde die Renaturierung von verrohrten und kanalisierten Bachläufen (z.B. Bimbach) explizit aufgeführt.

 

Die Fläche befindet sich im Bebauungsplan „Nr. 84 Gewerbegebiet Großlangheimer Straße„ und ist dort als auch aus oben genannten Gründen als Fläche für Landwirtschaft festgesetzt (s. Anlage 4). Da das Vorhaben auch nicht als privilegiertes Vorhaben nach §35 BauGB eingeordnet werden kann, fehlen die planungsrechtlichen Voraussetzungen zur Umsetzung an dieser Stelle. Das Vorhaben widerspricht den Zielen des Flächennutzungsplanes, des Landesentwicklungsplanes und den allgemeinen Planungsgrundsätzen (siehe hierzu auch Stellungnahme der Regierung von Unterfranken).

 

Die Fläche ist nur über die derzeit noch vorhandene St 2272 (Kitzingen Großlangheim) an das öffentliche Straßennetz angebunden. Mit der Planung/Umsetzung der Nordtangente, welche durch den Bebauungsplan „Nr.84 Gewerbegebiet Großlangheimer Straße“ beschlossen wurde, wird die Nordtangente mit höhenfreier Querung der St 2271 (Kitzingen Ochsenfurt) die verkehrliche Funktion der St 2272 übernehmen (s. Anlage 4). Die Anbindung der heutigen St 2272 an die St 2271 wird damit zu einem Feldweg der ausschließlich der Andienung der Landwirtschaftlichen Flächen entlang des Bimbachs dient rückgebaut. Dies hat den Vorteil, dass Kreuzungsbereich keine Signalanlage mehr erforderlich ist und somit der Verkehr besser fließen kann. Eine Anbindung des Grundstückes an das öffentliche Straßennetz ist damit nicht mehr gegeben. Die beschriebene Ausbaustufe mit Wasserstofftankstelle ist somit nicht umsetzbar. Zudem wäre eine Erweiterung des Entwicklungsgebietes entlang des Bachlaufes in Richtung stadteinwärts auf den heute noch vorhandenen landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht mehr auszuschließen. Eine wesentliche Grünverbindung entlang des Bimbachs von Kitzingen in Richtung Großlangheim wäre damit zerstört. Vor dem Hintergrund der unmittelbar angrenzenden Gewerbegebiete „Großlangheimer Straße“ sowie dem Entwicklungspotential auf den ehemaligen Harvey Barracks ist eine solche Entwicklung an diesem Standort planerisch nicht zu rechtfertigen.

 

 

Stellungnahmen der beteiligten Fachbehörden

Im Ergebnis wurde seitens der Fachbehörden und Unternehmen wie folgt Stellung genommen:

 

-       Oberste Baubehörde in München (s. Anlage 9)

Der Antragsteller hat sich im Vorfeld an das Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie gewandt. Dieses hat wie folgt Stellung genommen:

 

„Das angesprochene Vorhaben soll dazu dienen als Pilotprojekt Methanisierung zur Einspeisung in das Gasnetz durchzuführen und als Ergänzung eine Wasserstoff- und Stromtankstelle zu betreiben. Bei den Vorhaben handelt es sich nicht um Vorhaben, die unter §35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB fallen. Eine Realisierung wird deshalb nur auf Grundlage einer Bauleitplanung erfolgen können.“

 

-       Regierung von Unterfranken (s. Anlage 8)

Das Vorhaben ist aus städtebaulicher Sicht aufgrund der Widersprüche zum Flächennutzungsplan, zu den allgemeinen Planungsgrundsätzen (sparsamer Umgang mit Grund und Boden), den Zielen aus dem Landesentwicklungsplan (Verhinderung der Zersiedelung der Landschaft) und der landschaftlichen Charakteristik entlang des Bachlaufes, abzulehnen. Zudem sind in unmittelbarer Nähe mit dem Gewerbegebiet Großlangheimer Straße sowie dem geplanten Gewerbegebiet im Bereich der ehemaligen Harvey Barracks ausreichend Flächen zur Umsetzung der Maßnahme vorhanden.

 

-       Landratsamt Landkreis Kitzingen (s. Anlage 7)

s. Anlage

 

-       Licht-Kraft-Wasserwerke Kitzingen (s. Anlage 6)

Seitens der Licht-, Kraft- und Wasserwerke Kitzingen GmbH wird darauf hingewiesen, dass die Thüga derzeit mit 12 Partnern eine Demonstrationsanlage realisieren will, umd Entwicklungs- und Betriebserfahrungen zu sammeln und zu zeigen, dass diese Zukunftstechnologie funktioniert. Bis Ende 2013 soll die rd. 1,3 Mio. € teure Anlage in Betrieb gehen, die eine Leistung von 360 KW/h haben wird. (zum Vergleich die vorgestellte Anlage bewegt sich zwischen 6.300 und 20.000 KW/h).

 

„Für eine seriöse Aussage, unter welchen technischen, infrastrukturtechnischen, aber vor allem auch wirtschaftlichen Rahmenparametern sich eine großmaßstäbliche Anlage an einem Standort wie Kitzingen betreiben lässt, bedarf es unseres Erachtens noch einiges an Entwicklungsarbeit sowie gesicherte energiepolitische Rahmenbedingungen.“

 

-       Unternehmen Frankenguss (s. Anlage 5)

„Der vorgesehene Standort auf dem Grundstück von Herrn Pfnausch wäre ideal. Auf der einen Seite liegt er vom Kupolofen nicht zu weit entfernt (kurze Transportwege für die Gase) und auch nicht zu nah (Sicherheitsabstand). Zudem befindet er sich unserem Wissen nach in einer natürlichen Senke, was im Falle einer Havarie für die Umgebung von erheblichem Vorteil wäre. Neben der Rolle als CO2-Lieferant für eine Power-to-Gas-Anlage könnten wir auch den erzeugten Sauerstoff und das erzeugte Methan abnehmen. Wir verfolgen die Entwicklung dieser Technologie seit Jahren und stehen auch mit Herrn Rieke (SolarFuel) und Herrn Pfnausch in Kontakt. Der nächste Schritt wäre eine Studie, die untersucht, wie man die beiden Verfahren (Kupolofen der Franken Guss und Power-to-Gas-Anlage) sinnvoll miteinander verbinden kann. Zudem würde in dieser Studie eine Wirtschaftlichkeitsberechnung aller technisch möglichen und sinnvollen Varianten durchgeführt. Eine solche Studie würde ca. 60.000 € kosten. Erst mit den Ergebnissen der Studie hätte man eine vernünftige Entscheidungsgrundlage für weitere Schritte. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Durchführung dieser Studie ist jedoch, dass für den Bau einer solchen Anlage in unmittelbarer Nähe Kupolofenanlage eine Genehmigung vorliegt. Franken Guss ist nicht bereit in die Studie zu investieren, wenn eine spätere Nutzung der Technologie von Anfang an verwehrt wäre.“

 

-       Energiemanager, Hr. Demus

Aus Sicht des Konversionsmanagements Kitzinger Land für Energie und Klimaschutz, Herrn Michael Demus, wird eine Power-to-Gas-Anlage (P2G/PtG) im Landkreis Kitzingen positiv bewertet. Im Zuge der Energiewende kann sie helfen, dringend notwendige Pufferfunktionen für Strom aus nachhaltiger Erzeugung wahrzunehmen.

Windkraft und Sonnenenergie werden oftmals dann erzeugt, wenn kein unmittelbarer Bedarf an Strom besteht. Derzeit kann dieser überschüssige Strom nicht im Verbundnetz aufgenommen werden – die betroffenen Anlagen werden daher abgeregelt, was Ausfallzahlungsforderungen der Anlagenbetreiber nach sich zieht, die auf die Endkunden umgelegt werden. Dies verteuert den regenerativen Strom unnötig.
Um die hier klimaschonend erzeugte Energie für eine spätere Verwendung bereit zu halten, kann eine P2G-Anlage, neben weiteren Speichermethoden, eine geeignete Einrichtung zur Stabilisierung des Stromnetzes und effizienteren Ausnutzung des lokalen regenerativen Potentials sein.

Die Anlage kann zudem auch den Standort Kitzingen in seiner Funktion als Innovationsstandort stärken und dazu beitragen, dass die Stadt und der Landkreis eine bundesweite Rolle als Vorreiter für diese modellhafte Technologie einnehmen, was entsprechenden Image-Gewinn mit sich bringt. P2G-Anlagen sind noch wenig verbreitet; derzeit entstehen die ersten Pilotanlagen. Auf die ausstehende Serienreife der Technologie wird hiermit hingewiesen.

 

 

Empfehlung der Stadtverwaltung

Der seitens des Antragstellers/Eigentümers vorgeschlagene Standort in den Bachauen des Bimbachs widerspricht den Darstellungen und Zielen des Flächennutzungsplanes, den Grundsätzen des Landesentwicklungsplanes sowie der verkehrlichen Zielsetzung - Bündelung der Verkehre auf der Nordtangente mit höhenfreier Querung der St 2271 – und ist damit aus städtebaulicher Sicht abzulehnen.

 

Um das Vorhaben dennoch weiterverfolgen zu können wird vorgeschlagen, den Standort in den Bereich der ehemaligen Harvey Barracks zu verlagern (s. Anlage 4, Flächen für Alternativstandort). Die Stadtverwaltung wird hier den Kontakt zwischen dem Antragsteller sowie dem potentiellen Investor und Entwickler der ehem. Harvey Barracks herstellen. Eine erste Abfrage hat ergeben, dass der Eigentümers/Entwicklers der ehemaligen Harvey Barracks eine Entwicklung auf seinem Areal grundsätzlich begrüßen würde. Die Details (Flächenerwerb, Erschließung….) sind im weiteren Verfahren zu klären. Auch aus seiner Sicht wäre eine zusätzliche Ausweisung eines Gewerbestandortes in unmittelbarer Nachbarschaft nicht nachvollziehbar.

 

Eine intensivere Auseinandersetzung mit diesem Thema ist nur möglich, wenn das Investoren/Betreibermodell (Projektbeteiligte) inklusive der notwendigen Finanzierung entsprechend transparent gemacht wird. Insbesondere vor dem Hintergrund des sehr hohen Investitionsvolumens dieses Pilotprojektes (lt. Angabe von Herrn Rieke 15-16 Mio. €)Herlll. Letztendlich ist für die Stadtverwaltung nicht ersichtlich, ob es um die Planung und Projektierung eines Projektes in dieser Größenordnung oder auch um die Inwertsetzung der landwirtschaftlichen Flächen in den Bimbachauen geht. Vor allem auch unter Berücksichtigung der unmittelbar angrenzenden Gewerbeflächen (Großlangheimer Straße und ehem. Harvey Barracks). Da der Antragsteller/Eigentümer des Grundstücks sowie die Projektbeteiligten möglichst frühzeitig Planungssicherheit haben möchten und die Stadtverwaltung diese für den vorgeschlagenen Standort nicht in Aussicht stellen kann, stellt der Standort der Harvey Barracks ggf. eine interessante Alternative dar. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass hier bereits ein Aufstellungsbeschluss zur Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens gefasst wurde, und somit der erste Schritt zur Planungsrechtschaffung erfolgt ist.

 

 

  1. Vom Sachvortrag wird Kenntnis genommen.

 

  1. Der Stadtrat beschließt, dass die Planung einer Power-to-Gas-Anlage, wie im Sachvortrag vorgestellt, nur im Entwicklungsumgriff der ehemaligen Harvey Barracks weiterverfolgt werden soll.

 

  1. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, das Projekt im Entwicklungsumgriff der Harvey Barracks zu unterstützen und den Kontakt zum potentiellen Investor herzustellen.